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Donnerstag, 24. September 2015

Elementarpädagogik in Österreich: Nachholbedarf im internationalen Vergleich



Bundesarbeitskammer Österreich, Industriellenvereinigung, Landwirtschaftskammer Österreich, Österreichischer Gewerkschaftsbund und Wirtschaftskammer Österreich finden in der Elementarpädagogik in Österreich folgende Ausgangslage:


In den vergangenen Jahren wurden mit dem verstärkten Ausbau, der sprachlichen Frühförderung, der Einführung des letzten, verpflichtenden Kindergartenjahres und dem (nicht bindenden) länderübergreifenden Bildungsrahmenplan für elementare Bildungs-einrichtungen positive Schritte gesetzt. Dennoch ist der Reformbedarf erheblich:

1.            Elementarbildung ist keine Bundeskompetenz


Die Kompetenzen für Gesetzgebung und Vollziehung − und damit die Hauptzuständigkeit für den elementaren Bildungsbereich − liegen bei den Ländern. Für einzelne Bereiche sind aber auch Bund, Gemeinden und Träger zuständig. Während im schulischen Bereich das Bildungsministerium die Verantwortung trägt, fehlt im elementaren Bildungsbereich eine solche Bundeskompetenz.

2.            Neun unterschiedliche Standards


Die massive Kompetenzzersplitterung führt dazu, dass es keine bundesweit einheitlichen Rahmenbedingungen für elementare Einrichtungen gibt. Dies erschwert auch die Kooperation zwischen Elementar- und Schulbereich, vor allem im Hinblick auf eine kontinuierliche Förderung des Kindes.
Es gibt österreichweit große Unterschiede bei den strukturellen, organisatorischen sowie pädagogischen Rahmenbedingungen. Dies bewirkt auch deutliche Qualitätsunterschiede in den elementaren Bildungseinrichtungen.

3.            Zu wenig Plätze, zu kurze Öffnungszeiten


Auch beim flächendeckenden Angebot gibt es Handlungsbedarf. Bei den Unter-3-Jährigen liegt die Betreuungsquote selbst bei Einrechnung der Tageseltern nur bei 25 Prozent. Auch bei den Öffnungszeiten gibt es Mängel sowohl hinsichtlich der täglichen Dauer als auch der langen Schließzeiten in den Ferien. Nur 14 Prozent der Kleinkindplätze und 35 Prozent der Kindergartenplätze sind mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinbar.

4.            Notwendiger Umbau der Finanzierung


Bei den Ausgaben für frühkindliche Bildung liegt Österreich mit einem Anteil am BIP von 0,43 Prozent 5 leicht unter dem OECD-Schnitt von 0,49 Prozent − und deutlich hinter anderen EU-Staaten, wie etwa Dänemark (1,3 Prozent). Das liegt auch an den fehlenden Anreizen für Investitionen in elementare Bildung auf Ebene der Gemeinden. Den steigenden laufenden Kosten bei Verbesserung des Angebots stehen derzeit keine höheren Einnahmen gegenüber.

5.            Reformbedarf bei der Ausbildung


ElementarpädagogInnen werden in Österreich nicht verpflichtend auf tertiärem Niveau ausgebildet, sondern in einer fünfjährigen Ausbildung in den Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik (BAKIP).
Die Distanz zu Forschungseinrichtungen ist zu groß. Die Auszubildenden sind auch aufgrund ihres jungen Alters den Herausforderungen und der Übernahme verantwortungsvoller Tätigkeiten in den Einrichtungen vielfach nicht gewachsen. Zu wenige AbsolventInnen starten ihre Berufslaufbahn tatsächlich in den Krippen und Kindergärten bzw. verbleiben im Beruf.

6.            Verbesserungsbedarf bei der pädagogischen Qualität


Inhaltliche Qualität und gezielte pädagogische Arbeit in den einzelnen Bildungsbereichen können aufgrund der derzeitigen Rahmenbedingungen in den elementaren Bildungs-einrichtungen nicht immer verlässlich sichergestellt werden. Die hohen Anforderungen hinsichtlich der vielfältigen Förderung der Kinder, das Eingehen auf ihre individuellen Bedürfnisse und die Erwartungen der Eltern sind oft kaum erfüllbar.

7.            Zu wenig Diversität bei den MitarbeiterInnen


Derzeit sind die Kinder in den elementaren Bildungseinrichtungen mit einem fast ausschließlich weiblichen Umfeld konfrontiert. Nur zwei Prozent der Beschäftigten sind Männer. Kaum jemand der MitarbeiterInnen hat migrantischen bzw. mehrsprachigen Hintergrund. Mit der fehlenden Diversität gehen den Kindern nicht nur unterschiedliche Zugänge und Erlebenswelten verloren, sie läuft auch dem gesellschaftspolitischen Ziel der Gleichstellung zuwider.

8.            Holpriger Übergang zur Schule


Übergänge von der Familie in die elementare Bildungseinrichtung und vom Kindergarten in die Schule stellen für viele Kinder einen „Bruch“ dar. Beim Wechsel in die Schule mangelt es oft an systematischer Begleitung. Der Austausch zwischen den Institutionen ist erschwert. Für die Kinder ist der Wechsel in die Schule oft auch ein Übertritt in eine andere „pädagogische Wirklichkeit“, der nicht immer leicht zu bewältigen ist.

9.            Mangelhafte Qualitätssicherung


Obwohl auf Landesebene Qualitätssicherung erfolgt, fehlt eine kontinuierliche, systematische und bundesweite Qualitätssicherung, welche die Einhaltung hoher Standards sowohl intern (z.B. durch Qualitätsbeauftragte) als auch extern (durch Kontroll- und Qualitätssicherungsmechanismen) gewährleistet.

10.  Entwicklungsfähige Elternarbeit


Obwohl sich viele PädagogInnen um die Einbindung der Eltern bemühen (z.B. in Form von Elternabenden, Entwicklungsgesprächen), findet diese strukturell zu wenig Berück-sichtigung. Oft fehlen auch die notwendigen Ressourcen. Zudem nehmen viele Eltern elementare Einrichtungen nicht als eigenständigen Bildungsbereich wahr. Eine ver-antwortungsbewusste Bildungskooperation zwischen Familie und Einrichtungen bildet aber die Basis für die optimale Entwicklung der Kinder. Insbesondere bei den Übergängen in die Kinderbildungseinrichtungen bzw. in die Schulen kommt der Familie eine wichtige Rolle zu.

Die Sozialpartner und die Industriellenvereinigung fordern zur Umgestaltung und Weiterent-wicklung der Elementarbildung folgende Maßnahmen:


1.            Elementarbildung in Bundeskompetenz
2.            Aus 9 mach 1 − ein Bundesrahmengesetz für elementare Bildungseinrichtungen
3.            Flächendeckendes Angebot mit umfassenden Öffnungszeiten
4.            Fortsetzung der Bundesförderung und laufenden Finanzierung nach Leistungs-erbringung
5.            Qualifizierungsschub in der Ausbildung
6.            Ganzheitliches Lernen und Fördern
7.            Mehr Diversität
8.            Erfolgreicher Übergang in die Schule ohne „Brüche“
9.            Systematische Qualitätssicherung
10.          Elternarbeit stärken und ausbauen



ALLE DETAILS KÖNNEN NACHGELESEN WERDEN UNTER http://media.arbeiterkammer.at/PDF/Zukunft_der_Elementarbildung.pdf

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