STEUERTEAM
Krausegasse 7a/10-11
1110 Wien
E-Mail: Steuerteam@Plattform-EduCare.org
Elementarpädagogische Vorschläge an den Bildungsausschuss
Sehr
geehrte Damen und Herren des Bildungsausschusses der Österreichischen
Bundesregierung!
Wir
wenden wir uns heute an Sie, sehr verehrte Mitglieder der Bildungskommission,
in der Hoffnung, dass die Forderungen der organisierten elementarpädagogischen
Community in Ihre Reformvorschläge Eingang finden.
Seit
Jahren erleben wir, dass der elementare Bildungsbereich zwar in diversen Reden
und auch in Positionspapieren von allen Parteien als erste und damit äußerst
wichtige Bildungseinrichtung dargestellt wird, aber die notwendigen Reformen,
um den Kindergarten tatsächlich als gleichwertige Bildungseinrichtung zu
etablieren, bisher lediglich in Teilbereichen erfolgt sind.
Mit
diesem Schreiben möchten wir Ihnen die Positionen der organisierten
elementarpädagogischen Community in Erinnerung rufen:
·
Wir begrüßen, dass die Regierung in den letzten
Jahren große Anstrengungen unternommen hat, zusätzliche Plätze zu schaffen –
vor allem für die Unter-Dreijährigen.
Wesentliche Voraussetzung dafür,
dass jedes Kind die Chance bekommt, elementare Bildungsangebote in Anspruch
nehmen zu können, ist eine ausreichende Anzahl von qualitativ hochwertigen
Kindergartenplätzen. Die Qualität muss entsprechend internationalen Empfehlungen im Kontext
Betreuungschlüssel, Gruppengrößen, pädagogischen Konzepten, sowie der Aus- und
Weiterbildung von PädagogInnen und Zusatzkräften definiert werden. Besonderes Augenmerk ist
dabei auf die speziellen Bedürfnisse von Kindern mit diagnostiziertem erhöhtem
Förderbedarf zu richten. Die erforderlichen Rahmenbedingungen müssen in
Zusammenarbeit mit einem ExpertInnenteam (z.B. InklusionsberaterInnen) eingerichtet
werden und individuell angepasste
Unterstützungsmaßnahmen sind für jedes Kind – je nach individuellem Bedarf –
bereitzustellen. Der Einsatz von speziell ausgebildeten ElementarpädagogInnen
muss gesichert sein.
Für wenig privilegierte Familien
soll der kostenfreie Besuch in allen elementaren Bildungseinrichtungen (0-6
Jahren) in Aussicht gestellt werden, um kompensatorische Bildungsarbeit leisten
zu können.
Mittelfristig
anzustreben ist das „Recht auf einen Kindergartenplatz“.
·
Die Einführung des verpflichtenden Kindergartenjahres war ein wichtiger
Schritt, weil der Kindergarten damit deutlicher als vorher als
Bildungseinrichtung wahrgenommen wird.
Wir
sehen allerdings die Gefahr, dass die Politik mit diesem Schritt zwar bereit
war, das letzte Kindergartenjahr als Bildungsjahr anzuerkennen – dass die Zeit,
die ein Kind davor im Kindergarten verbringt, jedoch weiterhin als
Betreuungszeit gesehen wird.
·
Durch die Einführung des bundesweit verpflichtenden BildungsRahmenPlanes
für elementare Bildungseinrichtungen hat das Bildungsministerium begonnen, sich
„halbherzig“ für den elementaren Bildungsbereich zuständig zu fühlen.
Die
Umsetzung bleibt den Bundesländern bzw. den Kindergarten-Erhaltern überlassen
und oftmals scheitert diese an den unzureichenden organisatorischen Rahmenbedingungen,
fehlenden gesetzlichen Grundlagen und an der nicht adäquaten Aus-, Fort- und
Weiterbildung der PädagogInnen.
·
Die Einführung der verpflichtenden Sprachstandsfeststellung und
Sprachförderung im Kindergarten könnten als weitere Signale der Aufwertung des
elementaren Bildungsbereiches gesehen werden.
Auch
das können wir nicht ganz so sehen: dadurch, dass seitens der Politik immer
wieder gefordert wird, dass im Kindergarten vor allem Sprachförderung für
Kinder mit einer anderen Muttersprache durchgeführt werden soll, wird der
Kindergarten zu einer „Zubringer-Einrichtung“ für die Schule degradiert.
Zudem wird durch diese Forderung der Eindruck vermittelt,
dass das „Erlernen“ der deutschen Sprache in einem Jahr Erfolgsgarantie für einen
geglückten Schulstart ist. Elementarpädagogische
Bildungstheorien gehen hingegen davon aus, dass der Erwerb einer Zweitsprache
in der Frühen Kindheit nicht losgelöst vom Alltag stattfinden sollte und im
Alter von 2- 4 Jahren am leichtesten fällt.
Abgesehen davon entspricht diese
Reduktion auf die Sprache nicht der
Intention des bundesweit gültigen „BildungsRahmenPlanes für elementare
Bildungseinrichtungen“, indem die Sprachförderung lediglich ein Teilbereich von
insgesamt 6 Bildungsbereichen ist.
Unsere
Forderungen an die Politik kurz zusammengefasst:
·
Der Kindergarten ist eine elementare Bildungseinrichtung für alle Kinder
von 0-6 Jahren und muss als eigenständige und gleichwertige Bildungseinrichtung
im Kanon aller Bildungseinrichtungen etabliert werden.
·
Kindergarten-/ElementarpädagogInnen
sind ExpertInnen für
diese Altersgruppe und müssen wie in allen anderen europäischen Staaten auf
tertiärem Niveau ausgebildet werden.
·
Die Pädagogischen Hochschulen oder andere tertiäre Einrichtungen müssen den
Auftrag bekommen, grundständige Bachelor-Ausbildungen für Elementarpädagogik
anzubieten. Die finanziellen Mittel dafür müssen vom Bund zur Verfügung
gestellt werden. Es reicht nicht aus, dass die Elementarpädagogik zukünftig als
Schwerpunkt in der Ausbildung von Primarschullehrkräften gewählt werden darf.
·
Als Übergangslösung wäre vorstellbar, dass im ersten Schritt die im Beruf
stehenden LeiterInnen berufsbegleitend ein Bachelor-Studium absolvieren
müssen. Parallel dazu sollten die
BAKIP-Kollegs und die Ausbildung zur SonderkindergartenpädagogIn schrittweise
in die tertiären Einrichtungen eingegliedert werden.
·
Lehrkräfte für den Didaktik/Praxis-Unterricht an der BAKIP müssen
akademisch ausgebildet werden.
·
Die BAKIP, bisher „Anstalt der Lehrer-und Erzieherbildung“ müssen in eine
BHS oder in ein ORG umgewandelt werden.
·
Das Bundesgesetz, in dem die Anstellungserfordernisse geregelt sind, muss
geändert werden. Mittelfristig anzustreben ist, dass
gruppenführende PädagogInnen im Kindergarten tertiär ausgebildet sein
müssen.
·
Die Qualität in elementaren Bildungseinrichtungen muss entsprechend
internationalen Empfehlungen in einem BundesRahmengesetz definiert werden. (Es
darf nicht sein, dass weiterhin der Gemeindebund die Qualität der elementaren
Bildungseinrichtungen definiert – siehe http://gemeindebund.at/oesterreicher-mit-kinderbetreuung-zufrieden).
·
die finanziellen Mittel zur Umsetzung der notwendigen Qualitätssicherung
müssen vom Bund zur Verfügung gestellt werden.
Schlussbemerkung:
Derzeit
ist der Kindergarten „Betreuungseinrichtung mit trägerspezifisch definierten
pädagogischen Ambitionen“.
Solange KindergartenpädagogInnen unter den derzeit in
jedem Bundesland unterschiedlichen, aber durchgehend unzureichenden
Rahmenbedingungen (zu große Gruppen, zu wenig Personal, zu wenig Vor-und
Nachbereitungszeit, unzureichende Ausbildung, zu wenig Unterstützungspersonal
für Kinder mit besonderen Bedürfnissen…) arbeiten, bleibt der Kindergarten „Betreuungseinrichtung
mit trägerspezifisch definierten pädagogischen Ambitionen“.
Solange
der Kindergarten als „Zubringer-Einrichtung“ für die Schule gesehen wird,
werden SchulpädagogInnen definieren, was ein Kind im Kindergarten „gelernt“
haben soll, bevor es in die Schule kommt.
Elementarpädagogische
Bildungstheorien, in denen längst nachgewiesen wird, dass es unsinnig ist,
Kinder in ihrem Lernverhalten in Altersgruppen einzuteilen, werden weiterhin
ignoriert werden und Forderungen nach einem 2. Verpflichtenden Kindergartenjahr
werden weiterhin vermitteln, dass ab einem bestimmten Alter „der Ernst des
Lebens“ beginnt. Kinder beginnen jedoch nicht erst mit 4 oder 5 Jahren zu
lernen, sondern vom ersten Tag ihrer Existenz an.
Die
Politik ist aufgefordert, zu handeln.
Wenn
die Politik bundesweit die rechtlichen, personellen und organisatorischen
Rahmenbedingungen für die elementaren Bildungseinrichtungen schaffen
würde, wären wir dem Ziel näher, jedem Kind einen guten Start in die Schule zu
ermöglichen.
Wir
setzen große Hoffnung in Sie als Mitglied der Bildungskommission dass Sie
- und in weiterer Folge Parlament, Bundesrat und Landtage - die „Gunst
der Stunde“ nutzen und die Zukunft unseres Landes durch umfassende Reformen
unseres Bildungssystems sichern: Bildung beginnt im Kindergarten und zwar vom
Anfang an.
Für
allfällige Rückfragen und weitere Auskünfte wenden Sie sich, bitte, an die
Sprecherin der Plattform EduCare, Mag.a Dr.in Heidemarie
Lex-Nalis unter der Telefonnummer 0664- 4634580 bzw. der E-Mail-Adresse lex-nalis.heidemarie@plattform-educare.org.
Mit freundlichen Grüßen
DAS STEUERTEAM DER PLATTFORM EDUCARE
Birgit Eder
|
Isabella Fackler, Msc
|
Friedrich
Grundei
|
Kinderbetreuung,
Fortbildungen und Sprachförderung in der Abteilung Bildung/Tiroler Landesregierung
|
Elementarpädagogin, Weiterbildungen für
PädagogInnen, KinderKreativUni Linz
|
Mitglied des
Bundesvorstandes der Kinderfreunde
|
Susanna Haas, MA
|
Mag.a Marion
Hackl
|
Sabina
Hattinger-Allende, MA
|
Stellv.
Geschäftsführerin, Pädagogische Leiterin der
|
Stellv.
wissenschaftliche Leiterin des
|
Elementarpädagogin und
Politwissenschafterin, Arbeitsgruppe Kinderrechte in der Plattform
EduCare
|
Andreas Holzknecht,
MEd, MSc
|
Mag.a
Nina Hover-Reisner
|
Raphaela Keller
|
Unternehmensberater
mit mit OBHUT-
Beratungsservice für Kinderbetreuung, Betreiber der internationalen Datenbank
"Sprachverhalten und Interesse an Sprache bei Migrantenkindern
im Kindergarten", sismik PLUS
|
Studiengangsleiterin Sozialmanagement in der Elementarpädagogik am FH Campus
Wien
|
|
Mag. Dr.
Bernhard Koch
|
Mag.a Petra
Koder
|
Mag.a Marisa
Krenn-Wache, MA
|
Pädagogische
Hochschule für Niederösterreich, Department für Schulpädagogik,
Didaktik, Mathetik
|
Direktorin der Bundes-Bildungsanstalt für Kindergartenpädagogik
Klagenfurt, OECD-Projektkoordinatorin der Studie "Starting Strong" für Österreich
|
|
Martina Lassl
|
Johannes-Maria
Lex
|
Mag.a Dr.in
Heidemarie Lex-Nalis
|
Obfrau des Dachverbandes
der Wiener Privatkindergärten und -horte, Obfrau des Vereins
Pädagogische
Initiative 2-10
|
Administration,
Informations- und Pressedienst der Plattform EduCare
|
Sprecherin der Plattform
EduCare
|
Grete Miklin
|
Christian
Morawek
|
Mag. Dr. Andreas
Paschon
|
Geschäftsführerin von BÖE
Bundesverband Österreichischer elternverwalteter Kindergruppen
|
Geschäftsführer der Wiener Kinderfreunde
|
Sen.Lec., Vorsitzender
der Curricularkommission der Universität
Salzburg und Vorsitzender der ÖFEB
Österreichische Gesellschaft für Forschung und Entwicklung im Bildungswesen,
Sektion Elementarpädagogik
|
Dagmar
Petrovitsch
|
Mag.a
Petra Pinetz
|
Helena Planicka, DSA
|
Leiterin des Montessori-Kindergartens Panikengasse der Diakonie
|
Leitung der
Beratungsstelle für (Vor-) Schulische Integration beim Verein
»Gemeinsam Leben - Gemeinsam Lernen - Integration
Wien
|
Geschäftsführerin von Eltern für
Kinder Österreich
|
Mag.a
Elisabeth Reicher-Pirchegger
|
Brigitte Stren
|
|
Institut für
Professionalisierung in der Elementar- und Primarpädagogik der
Pädagogischen Hochschule Steiermark
|
Bereichsleitung
Kindergärten und Horte Diakonie Bildung Österreich
|
Ergeht
an:
·
Herrn Dr. Wilfried Haslauer, Landeshauptmann von Salzburg, haslauer@salzburg.gv.at
·
Frau Gabriele Heinisch-Hosek, Bundesministerin für Bildung und
Frauen, gabriele.heinisch-hosek@bmbf.gv.at
·
Herrn Dr. Peter Kaiser, Landeshauptmann von Kärnten, peter.kaiser@ktn.gv.at
·
Herrn Dr. Harald Mahrer, Staatssekretär im Bundesministerium für
Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, harald.mahrer@bmwfw.gv.at
·
Frau Mag.a Johanna Mikl-Leitner, Bundesministerin für
Inneres, ministerbuero@bmi.gv.at
·
Herrn Hans Niessl, Landeshauptmann des Burgenlandes, hans.niessl@bgld.gv.at
·
Herrn Dr. Josef Ostermayer, Bundesminister für Kunst und Kultur,
Verfassung und öffentlichen Dienst, josef.ostermayer@bka.gv.at
·
Herrn Dr. Erwin Pröll, Landeshauptmann von Niederösterreich, lh.proell@noel.gv.at

Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.