In einer Gesellschaft, die von Erwachsenen gestaltet ist, haben Kinder
kaum die Möglichkeit mitzugestalten. Eltern, PädagogInnen und andere
Aufsichtspersonen entscheiden, wann ein Kind wo zu sein hat und wie es sich
dort zu benehmen hat. Viele Kinder haben durchgeplante Tage, die wenig Freiraum
zulassen. Sie verbringen den Großteil ihrer Zeit in Bildungs- und
Betreuungseinrichtungen. Kinder finden das vor allem deswegen problematisch,
weil sie dort ständig beaufsichtigt werden und selten frei entscheiden können,
was sie spielen oder lernen möchten. Damit unsere Kinder sich zu
selbstbewussten Individuen entwickeln können und ihre Neugierde nicht verlieren
ist es wichtig, dass sie die Freiheit haben zu entscheiden. Zudem führt der
inadäquate PädagogInnen-Kind-Schlüssel besonders bei kleinen Kindern dazu, dass
eine ausgewogene Auseinandersetzung mit den individuellen Bedürfnissen und den
Bedürfnissen der Gruppe sowie Aspekte wie Mitbestimmung und Autonomie zu kurz
kommen. Wir Erwachsenen sollten deshalb versuchen uns in Kinder hinein zu
versetzen und die Welt mit Kinderaugen zu sehen. Dann würden wir schnell
merken, dass es in alltäglichen Konflikten mit Kindern nur vordergründig um die
Süßigkeiten geht, die ein Kind haben will; oder die Haube, die es nicht aufsetzen
möchte. Es geht dabei immer auch um einen ernstzunehmenden Kampf um Respekt,
Anerkennung und Selbstbestimmung. Das Schwierige aus Kinderperspektive ist
womöglich, dass viele Erwachsene das nicht sehen können, sondern stattdessen
ihren “Trotzanfall” v.a. unter Kontrolle bekommen möchten. Würden wir als
Gesellschaft es schaffen die Bedürfnisse unserer Kinder wahrzunehmen und ihnen
Platz einzuräumen, dann müssten wir uns viel weniger damit beschäftigen, wie
wir sie disziplinieren und maßregeln können.
Damit soll nicht bestritten werden, dass das Zusammenleben mit Kindern
unter den aktuellen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen eine Herausforderung
ist, und die damit verbundene Verantwortung Erziehungsberechtigte oft an ihre
Grenzen bringt. In einer Gesellschaft, die bereits von Kleinkindern verlangt,
dass sie sich an die Arbeitszeitregelungen ihrer Eltern anpassen und
dementsprechend funktionieren; in einer Gesellschaft, in der die Eltern oder
PädagogInnen womöglich von Existenzängsten gequält werden, und ein großer Teil
der Erwachsenen mit alltäglichen Demütigungen auf Grund ihrer Herkunft, ihres
Geschlechts oder ihrer Stellung in der Arbeitswelt konfrontiert sind; in einer
Gesellschaft, in der Eltern wie PädagogInnen unter steigendem Leistungsdruck
leiden, ist es mit Sicherheit eine Herausforderung die eigenen, erwachsenen
Verpflichtungen und Anliegen, mit den Bedürfnissen von Kindern unter einen Hut
zu bringen. Das enthebt uns Erwachsene aber nicht der Verantwortung. Anstatt zu
versuchen die Kinder an diese Rahmenbedingungen anzupassen, sie zu
kontrollieren, zu maßregeln und zu demütigen, sollten wir anfangen die
Rahmenbedingungen zu verändern.
Kinder brauchen keinen Krampus, der ihnen Angst macht! Kinder brauchen
auch keinen Nikolaus, der sie bewertet, lobt und tadelt! Kinder brauchen
Erwachsene, die Regeln nicht als Selbstzweck sehen, sondern stattdessen ihre
eigenen Belastbarkeitsgrenzen aufzeigen können. Sie brauchen Erwachsene, die
weder Angst vor ihnen, noch zu viel Angst um sie haben. Kinder brauchen Freiraum,
um sich entfalten zu können, und sie brauchen Erwachsene, die auf ihr
Entwicklungspotential und ihre Kooperationsbereitschaft vertrauen. Kinder
brauchen Erwachsene, die Zeit haben: zum Zuhören, zum Spielen und Toben, zum
Kuscheln und Vorlesen, zum Trödeln und Abwarten. Dafür braucht es eine
Arbeitswelt, die allen Eltern die Möglichkeit gibt, sich auf die Bedürfnisse
ihrer Kinder einzulassen, sowie Konzepte und Rahmenbedingungen an Betreuungs-
und Bildungseinrichtungen, die es PädagogInnen ermöglichen Kinder als
eigenständige Persönlichkeiten wahrzunehmen. Wir Erwachsenen tragen die
Verantwortung die Grundlagen dafür zu schaffen. Stellen wir Krampus und Co. die
Rute ins Fenster!
Marion Hackl
marion.hackl@ikeb.at
+43 (01) 512 12 98 - 22
Institut f. Kinderrechte u. Elternbildung
Sabine Hattinger-Allende
sabine.hat@gmx.at
+43 (650) 2604222
EduCare Kinderrechte
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