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Montag, 9. Mai 2016

Fwd: Plattform EduCare - Stellungnahme zum Schulrechtspaket






Stellungnahme der Plattform EduCare zum Schulrechtspaket 2016
Wir beziehen uns auf die Änderung des Schulpflichtgesetzes §6(1):
„Die schulpflichtig gewordenen Kinder sind von ihren Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten zur Schülereinschreibung bei jener Volksschule anzumelden, die sie besuchen sollen. Hiebei sind die Kinder persönlich vorzustellen und allfällige Unterlagen, Erhebungen und Förderergebnisse, die während der Zeit des Kindergartenbesuches zur Dokumentation des Entwicklungsstandes, insbesondere des Sprachstandes erstellt wurden, vorzulegen."

Was wir wollen
Unser Ziel ist es, jedem einzelnen Kind – unabhängig von seiner Herkunft - einen guten Übergang vom Kindergarten in die Schule und damit gute Startchancen für den weiteren Bildungsweg zu ermöglichen.

Ausgangslage

Im seit 2009 für alle Bundesländer gültigen BildungsRahmenplan ist das Verständnis von elementarpädagogischer Bildungsarbeit festgehalten und es werden Bildungsbereiche definiert. Das Bewusstsein, dass gezielte Beobachtung und Dokumentation die Grundlage für die Planung individueller Bildungsbegleitung sein sollte, setzt sich erst allmählich durch. 

Mittlerweile werden abhängig vom jeweiligen Bundesland und von der Trägereinrichtung sehr viele unterschiedliche Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren eingesetzt. Je nach Schwerpunkt der Beobachtung werden dabei Bildungsprozesse und Lernschritte, Interessen und Themen, Lernbereitschaften oder Kompetenzen beobachtet. Für alle diese Verfahren gilt, dass sie geeignet sind, um die individuelle Entwicklung bzw. Entwicklungsaspekte von Kindern zu fokusieren. Sie sind jedoch nicht alle ausgewählten Instrumente dazu geeignet, von den Eltern bei der Schuleinschreibung vorgelegt zu werden.

Beobachtungsverfahren, die im Zuge des Projektes zur Sprachfeststellung 2008 eingesetzt werden, sind zur unkommentierten Weitergabe nicht geeignet. Sie wurden lediglich zur Ermittlung des Förderbedarfes und „der Planung von differenzierten Fördermaßnahmen" entwickelt. (bifie 2009)

In den Kindergärten gelten Landesgesetze. In pädagogischen Belangen kann der Bund – BmBF und BmWJ - den Ländern lediglich Empfehlungen aussprechen. Letztendlich bestimmen weitestgehend die Kindergartenträger_innen, wie in ihren Kindergärten beobachtet und dokumentiert wird. 

In einigen Bundesländern haben KindergartenpädagogInnen nur eine geringe Anzahl von Vor- und Nachbereitungsstunden. Dokumentation und die daraus resultierende pädagogische Planung müssen also in kurzer Zeit erledigt werden. Dazu kommt die fachlich und didaktisch unzureichende Ausbildung, zu große Gruppen und der schlechte PädagogInnen-Kind Schlüssel. In manchen Regionen herrscht auch akuter Personalmangel. Individuelle pädagogische Beobachtung und die daraus resultierende Förderung ist unter diesen Umständen nur begrenzt möglich. 

Das unterschiedliche Ausbildungsniveau und die dadurch entstehende Hierarchie der beiden Einrichtungen Kindergarten und Schule führt häufig dazu, dass der Kindergarten als „Zulieferbetrieb" gesehen wird.

Das unterschiedliche Bildungsverständnis von Primar- und Elementarpädagog_innen verhindert vielerorts eine professionelle Zusammenarbeit, die über gegenseitige Besuche hinausgehen.

Letztendlich stehen der Zusammenarbeit zwischen Kindergärten und Schulen rechtliche Hindernisse entgegen.

Schlussfolgerung

Die vorgesehene rasche Entwicklung eines Bildungskompasses bis Ende Juni, ist aus unserer Sicht abzulehnen. 

Zur Bewältigung des Übergangs und zu einer guten Vernetzung von Kindergarten und Schule bedarf es nicht bloß der Datenübergabe. Vor allem ist zu hinterfragen, ob unter diesen Bedingungen vorherrschende Bildungsbarrieren abgebaut werden können. 

Vielmehr sollte die Form der tradierten Schuleinschreibung – mit oder ohne Datenweitergabe - grundsätzlich hinterfragt werden. Das vom BmBF initiierte Netzwerkprojekt zur Erprobung einer gemeinsamen Schuleingangsphase und die entstandenen Instrumente zur pädagogischen Beobachtung und individuellen Förderung sollten weiterentwickelt und weiterhin evaluiert werden. 

Die Regierung ist seit langem aufgefordert, das elementare Bildungswesen in das Bildungsressort einzugliedern und aus der Landesgesetzgebung zu entlassen. Als Zwischenlösung zur besseren Koordinierung zwischen den Ministerien und den Ländern sollte eine Bundesländer- und Ministeriumsübergreifende Koordinationsabteilung eingerichtet werden. 

Die Schaffung, der für eine gemeinsame Schuleingangsphase notwendigen rechtliche Grundlagen, sollte in Angriff genommen werden. 


Und nicht zuletzt: Damit Beobachtung und Dokumentation tatsächlich zur wesentlichen Grundlage individueller elementarpädagogischer Bildungsarbeit wird und somit zur Bildungsgerechtigkeit beiträgt, muss sichergestellt werden:

Die gleichwertige und teilweise gemeinsame Ausbildung von Elementar- und Schulpädagog_innen 

Für bereits im Beruf stehende Pädagog_innen verstärkte Weiterbildung, Fachberatung und Supervision 

Bundesweit gültige Rahmenbedingungen zur Verbesserung der strukturellen Bedingungen


Mit freundlichen Grüßen

Mag.a Dr.in Heidemarie Lex-Nalis
Sprecherin der Plattform EduCare


Die Plattform EduCare versteht sich als Arbeitsgemeinschaft von Pädagoginnen und Pädagogen, Trägerorganisationen, Interessensgemeinschaften sowie von Eltern und engagierten Einzelpersonen aus dem elementaren und außerschulischen Bildungsbereich
Hinter der Plattform EduCare steht keine staatliche, kirchliche, politische oder private Organisation. Sie wird getragen vom gemeinnützigen Verein zur Förderung der Elementarpädagogik. Die Koordination des Netzwerkes der Plattform EduCare wird von einem Steuerteam wahrgenommen.


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