Bravo KIWI: Der Kindergarten wird akademisch
Die Plattform EduCare begrüßt die Initiative der
Träger-Organisation „Kinder in Wien“ (KIWI), die im Herbst mit dem ersten
akademischen Studiengang für Elementarpädagogik startet. Die Ausbildung wird in
Kooperation mit der Hochschule Koblenz angeboten und endet mit einem „Bachelor
of Arts: Bildung & Erziehung“ (BABE).
Gestartet wird bereits am 22.9.2014 und pro Halbjahr werden 37 Studierende aufgenommen. Angelegt ist die Ausbildung als Fernstudium über eine internetbasierte Lernplattform (OLAT) mit regelmäßigen Präsenzphasen. Da eine Praxisstelle nachgewiesen werden muss, bietet KIWI Teilzeitposten an. Im Gegenzug dafür müssen sich die Absolventen voraussichtlich zu einem drei bis fünf Jahre dauernden Verbleib bei KIWI verpflichten.
Dekan Günter Friesenhahn von der Hochschule Koblenz verwies darauf, dass
man 2004 gemeinsam mit Berlin und München unter den ersten in Deutschland
gewesen sei, die solche Studiengänge angeboten hätten. Heute gebe es in der BRD
70 davon, und trotz noch nicht abgeschlossener Evaluierung sei heute schon erkennbar,
dass die Akademisierung allen Kindern etwas bringe.
QuereinsteigerInnen gesucht
Zugangsvoraussetzung laut §65 des deutschen Hochschulgesetzes ist die
allgemeine Hochschulreife (Matura)oder die Studienberechtigungsprüfung, eine
berufliche Qualifikation mit der Abschlussnote von 2,5 (diese muss übrigens in
keinem Zusammenhang mit dem gewählten Studiengang sein) und mindestens zwei
Jahre Praxis. Der Studiengang ist mit 210 ECTS-Punkten bewertet und berechtigt
für die Arbeit mit Kindern von 0 bis 12 Jahren in Krippen, Kindergärten und
Horten.
Es ist zu hoffen, dass sich viele junge Frauen und Männer entschließen,
ihren bisherigen Beruf aufzugeben um den akademischen Beruf der/des
ElementarpädagogIn zu ergreifen.
Die bisher in Österreich vorgesehene Ausbildung für den elementaren
Bildungsbereich findet an der BAKIP im Alter von 14-19 Jahren statt (Ausnahme:
die Ausbildungsform Kolleg) und dies wird schon lange von allen ExpertInnen als
ungeeignet erachtet.
Die Politik reagiert zu langsam – Private springen ein
Die Plattform EduCare weist seit vielen Jahren darauf hin, dass die
bestehende Ausbildungsform den gestiegenen Ansprüchen an den Kindergarten nicht
mehr gerecht wird. Auch PolitikerInnen aus allen Parteien werden nicht müde, in
ihren Ansprachen die Bedeutung Früher Bildung zu beschwören. Wenn es jedoch um
die Umsetzung der dafür notwendigen Rahmenbedingungen geht, fühlt sich niemand
dafür zuständig. Die Verantwortung für diesen bedeutenden Bildungsbereich
wird zwischen Land Bund und Gemeinden hin- und hergeschoben.
Bestes Beispiel dafür ist, dass im Rahmen der vorgesehenen
Ausbildungsreform aller pädagogischen Berufe die Elementarpädagogik wieder
einmal nur sehr halbherzig mitgedacht wurde.
Österreich ist und bleibt somit das einzige Land in Europa, das noch keine
akademische Ausbildung hat,
Die Verantwortlichen von KIWI haben die Geduld verloren. Die frühere
ÖVP-Familien-Staatssekretärin und KIWI-Vorstandsvorsitzende Christine Marek hat
die Initiative ergriffen und unabhängig von politischen Versprechungen die
erste grundständige akademische Ausbildung von ElementarpädagogInnen in Angriff
genommen. Für sie, so sagt sie, sei dies ein logischer nächster Schritt für die
Organisation, die schon jetzt viel in die Fortbildung der Pädagoginnen investiere.
Personalmangel in Kindergärten
Seit vielen Jahren ist bekannt, dass es zu wenige Fachkräfte für den
elementaren Bildungsbereich gibt, weil einerseits, gemäß den Barcelonazielen
nach wie vor neue Plätze geschaffen werden müssen und andererseits immer weniger
BAKIP-Absolventinnen in den Beruf einsteigen. Die Trägerorganisationen müssen
Fachkräfte anstellen und dies könnten auch akademisch ausgebildete Fachkräfte
sein.
Allerdings sind knapp 60 Prozent aller Kindertagesheime in der Trägerschaft
von Gemeinden und deren Interesse, akademische ElementarpädagogInnen
anzustellen, ist enden wollend, weil sie zu Recht eine damit einhergehende
Steigerung der Personalkosten befürchten.
Die akademische Ausbildung muss zur Regel werden
Sollte es den PolitikerInnen nicht zu denken geben, wenn private
Trägerorganisationen das umsetzen, was sie eigentlich längst hätten machen
sollen? Sollte der „KIWI-Vorstoß“ nicht Anlass dazu geben, darüber
nachzudenken, wie sich derartige Initiativen auf das gesamte Bildungssystem auswirken?
Ich jedenfalls möchte mir nicht vorstellen, dass zukünftig lediglich
private Trägerorganisationen hoch qualifiziertes Personal ausbilden und
anstellen und damit eine Schicht von Eltern ansprechen, die verstanden hat,
dass der Kindergarten mehr als Aufbewahrungsstätte ist.
Wir von der Plattform EduCare haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben,
dass das Bildungs- und das Wissenschaftsministerium bei der Reform der
PädagogInnenausbildung die ElementarpädagogInnen mitnehmen und dass die
akademische Ausbildung von Elementarpädagogin zur Regel und nicht zur Ausnahme
wird.
Rückfragen:
Mag.a Dr.in Heidemarie Lex-Nalis
Plattform EduCare
Krausegasse 7a/10
1110 Wien
Telefon: +43 (664) 4634580
E-Mail: heide.lex-nalis@plattform-educare.org
Bezug:
- Information von KIWI - http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20140306_OTS0169/babe-der-kindergarten-wird-akademisch-bild
- Homepage: http://www.babeplus.at/
Siehe auch:
Arbeitsbereich Elementarpädagogik an der Universität Graz: http://erziehungs-bildungswissenschaft.uni-graz.at/de/institut/arbeitsbereich-elementarpaedagogik/

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