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Donnerstag, 6. März 2014

Bravo KIWI: die Politik reagiert zu langsam – Private springen ein


Bravo KIWI: Der Kindergarten wird akademisch

Die Plattform EduCare begrüßt die Initiative der Träger-Organisation „Kinder in Wien“ (KIWI), die im Herbst mit dem ersten akademischen Studiengang für Elementarpädagogik startet. Die Ausbildung wird in Kooperation mit der Hochschule Koblenz angeboten und  endet mit einem „Bachelor of Arts: Bildung & Erziehung“ (BABE).

Gestartet wird bereits am 22.9.2014 und pro Halbjahr werden 37 Studierende aufgenommen. Angelegt ist die Ausbildung als Fernstudium über eine internetbasierte Lernplattform (OLAT) mit regelmäßigen Präsenzphasen. Da eine Praxisstelle nachgewiesen werden muss, bietet KIWI Teilzeitposten an. Im Gegenzug dafür müssen sich die Absolventen voraussichtlich zu einem drei bis fünf Jahre dauernden Verbleib bei KIWI verpflichten.

Dekan Günter Friesenhahn von der Hochschule Koblenz verwies darauf, dass man 2004 gemeinsam mit Berlin und München unter den ersten in Deutschland gewesen sei, die solche Studiengänge angeboten hätten. Heute gebe es in der BRD 70 davon, und trotz noch nicht abgeschlossener Evaluierung sei heute schon erkennbar, dass die Akademisierung allen Kindern etwas bringe.

QuereinsteigerInnen gesucht

Zugangsvoraussetzung laut §65 des deutschen Hochschulgesetzes ist die allgemeine Hochschulreife (Matura)oder die Studienberechtigungsprüfung, eine berufliche Qualifikation mit der Abschlussnote von 2,5 (diese muss übrigens in keinem Zusammenhang mit dem gewählten Studiengang sein) und mindestens zwei Jahre Praxis. Der Studiengang ist mit 210 ECTS-Punkten bewertet und berechtigt für die Arbeit mit Kindern von 0 bis 12 Jahren in Krippen, Kindergärten und Horten.

Es ist zu hoffen, dass sich viele junge Frauen und Männer entschließen, ihren bisherigen Beruf aufzugeben um den akademischen Beruf der/des ElementarpädagogIn zu ergreifen.

Die bisher in Österreich vorgesehene Ausbildung für den elementaren Bildungsbereich findet an der BAKIP im Alter von 14-19 Jahren statt (Ausnahme: die Ausbildungsform Kolleg) und dies wird schon lange von allen ExpertInnen als ungeeignet erachtet.

Die Politik reagiert zu langsam – Private springen ein

Die Plattform EduCare weist seit vielen Jahren darauf hin, dass die bestehende Ausbildungsform den gestiegenen Ansprüchen an den Kindergarten nicht mehr gerecht wird. Auch PolitikerInnen aus allen Parteien werden nicht müde, in ihren Ansprachen die Bedeutung Früher Bildung zu beschwören. Wenn es jedoch um die Umsetzung der dafür notwendigen Rahmenbedingungen geht, fühlt sich niemand dafür zuständig. Die Verantwortung für diesen bedeutenden Bildungsbereich  wird zwischen Land Bund und Gemeinden hin- und hergeschoben.

Bestes Beispiel dafür ist, dass im Rahmen der  vorgesehenen Ausbildungsreform aller pädagogischen Berufe die Elementarpädagogik wieder einmal nur sehr halbherzig mitgedacht wurde.

Österreich ist und bleibt somit das einzige Land in Europa, das noch keine akademische Ausbildung hat,

Die Verantwortlichen von KIWI haben die Geduld verloren. Die frühere ÖVP-Familien-Staatssekretärin und KIWI-Vorstandsvorsitzende Christine Marek hat die Initiative ergriffen und unabhängig von politischen Versprechungen die erste grundständige akademische Ausbildung von ElementarpädagogInnen in Angriff genommen. Für sie, so sagt sie, sei dies ein logischer nächster Schritt für die Organisation, die schon jetzt viel in die Fortbildung der Pädagoginnen investiere.

Personalmangel in Kindergärten

Seit vielen Jahren ist bekannt, dass es zu wenige Fachkräfte für den elementaren Bildungsbereich gibt, weil einerseits, gemäß den Barcelonazielen nach wie vor neue Plätze geschaffen werden müssen und andererseits immer weniger BAKIP-Absolventinnen in den Beruf einsteigen. Die Trägerorganisationen müssen Fachkräfte anstellen und dies könnten auch akademisch ausgebildete Fachkräfte sein.

Allerdings sind knapp 60 Prozent aller Kindertagesheime in der Trägerschaft von Gemeinden und deren Interesse, akademische ElementarpädagogInnen anzustellen, ist enden wollend, weil sie zu Recht eine damit einhergehende Steigerung der Personalkosten befürchten.

Die akademische Ausbildung muss zur Regel werden

Sollte es den PolitikerInnen nicht zu denken geben, wenn private Trägerorganisationen das umsetzen, was sie eigentlich längst hätten machen sollen? Sollte der „KIWI-Vorstoß“ nicht Anlass dazu geben, darüber nachzudenken, wie sich derartige Initiativen auf das gesamte Bildungssystem auswirken?

Ich jedenfalls möchte mir nicht vorstellen, dass zukünftig lediglich private Trägerorganisationen hoch qualifiziertes Personal ausbilden und anstellen und damit eine Schicht von Eltern ansprechen, die verstanden hat, dass der Kindergarten mehr als Aufbewahrungsstätte ist. 

Wir von der Plattform EduCare haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass das Bildungs- und das Wissenschaftsministerium bei der Reform der PädagogInnenausbildung die ElementarpädagogInnen mitnehmen und dass die akademische Ausbildung von Elementarpädagogin zur Regel und nicht zur Ausnahme wird.

Rückfragen:

Mag.a Dr.in Heidemarie Lex-Nalis
Plattform EduCare
Krausegasse 7a/10
1110 Wien

Telefon: +43 (664) 4634580
E-Mail: heide.lex-nalis@plattform-educare.org


Bezug:
Hintergrund: Fernstudiengang B.A. Bildung & Erziehung (dual) der FH Koblenz -> https://www.hs-koblenz.de/rmc/fachbereiche/sozialwissenschaften/studiengaenge-sozialwissenschaften/ba/bildung-erziehung-dual/startseite/
  
Siehe auch:
Arbeitsbereich Elementarpädagogik an der Universität Graz: http://erziehungs-bildungswissenschaft.uni-graz.at/de/institut/arbeitsbereich-elementarpaedagogik/

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